Betriebliche Gesundheitsförderung in Pflegeeinrichtungen
Die betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) spielt eine entscheidende Rolle in Pflegeeinrichtungen. Sie trägt nicht nur zur Gesundheit und Zufriedenheit der Mitarbeitenden bei, sondern verbessert auch die Qualität der Pflege. Angesichts der hohen physischen und psychischen Belastungen im Pflegeberuf ist es besonders wichtig, präventive Maßnahmen zu ergreifen.
Aktuelle Zahlen zu psychischen Belastungen und AU-Fehlzeiten
Pflegekräfte sind besonderen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Eine Studie zeigt, dass 87% der Gesundheits- und Krankenpfleger Gelenk-, Knochen- oder Muskelbeschwerden haben, insbesondere im Rückenbereich. Zudem leiden 35% unter schwierigen Körperhaltungen und Bewegungsabläufen oder dem Hantieren mit schweren Lasten (Leitfaden Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen, 2023). Psychische Belastungen resultieren oft aus Kommunikationsdefiziten, mangelhafter Fehlerkultur, fehlender Wertschätzung und ständiger Konfrontation mit Leid und Tod (ebd.).
Der DAK-Gesundheitsreport 2023 zeigt alarmierende Zahlen: Die Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen haben einen neuen Höchststand erreicht. Mit 301 Fehltagen je 100 Versicherte lagen die Fehlzeiten wegen psychischer Erkrankungen 2022 um 48 Prozent über dem Niveau von vor zehn Jahren. Besonders betroffen sind Beschäftigte im Gesundheitswesen, wo 434 Fehltage pro 100 Versicherte verzeichnet wurden, was 44 Prozent über dem Durchschnitt liegt (DAK-Psychreport 2023).
Die häufigsten Diagnosen bei psychisch bedingten Fehltagen sind Depressionen und Belastungsstörungen. Der Report zeigt auch, dass junge Beschäftigte besonders betroffen sind, mit einem Anstieg der Krankschreibungen um 24 Prozent bei den 25- bis 29-jährigen Frauen und 29 Prozent bei den gleichaltrigen Männern im Vergleich zum Vorjahr (ebd.).
Wirksame Maßnahmen zur Gesundheitsförderung
Studien und Praxisbeispiele zeigen, dass bestimmte Maßnahmen besonders effektiv sind, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Pflegekräfte zu fördern (HTA-Bericht 114):
- Bewegungsförderung: Programme zur Förderung der körperlichen Aktivität reduzieren Muskel-Skelett-Erkrankungen und verbessern das allgemeine Wohlbefinden.
- Ernährungsberatung: Eine ausgewogene Ernährung unterstützt die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden.
- Stressmanagement und psychische Gesundheit: Maßnahmen wie Stressbewältigungstrainings und psychologische Unterstützung sind essenziell, um die psychische Gesundheit der Pflegekräfte zu stärken.
- Prävention von Gewalt in der Pflege: Hierbei geht es um Gewaltprävention in beide Richtungen. Sowohl Pflegebedürftige
- Arbeitsplatzgestaltung: Ergonomische Anpassungen am Arbeitsplatz können physische Belastungen reduzieren und somit arbeitsbedingten Erkrankungen vorbeugen.
- Soziale Beziehungen: Die Beziehungen zu Kolleg:innen, Vorgesetzten und zum Arbeitgeber spielen ein maßgebliche Rolle für das Wohlbefinden der Beschäftigten.
Wie sehen solche Maßnahmen aus?
Bevor man konkrete Maßnahmen ableitet, braucht es eine konkrete Analyse der Belastungen und Potentiale, die sich aus den Arbeitsbedingungen ergeben. Dazu führt man eine psychische Gefährdungsbeurteilung durch, die nach §5 Absatz 3 ArbSchG für alle Arbeitgeber vorgeschrieben ist. Anhand der Ergebnisse werden verhältnis- und verhaltenspräventive Interventionen passgenau für die einzelnen Berufsgruppen abgeleitet. Im Einzelnen werden folgende Maßnahmen exemplarisch vorgestellt:
Bewegungsförderung:
- Ergonomiecoaching (Heben, Tragen und Schieben von Lasten)
- aktive Pausen (15 Minuten, 1x Woche Anleitung durch ausgebildete(n) Trainer:in, Schwerpunkt Ausgleichsübungen und Bewegungsförderung im Arbeitsalltag)
- Präventionskurse (8 Wochen) zum Erlernen von Übungen, welche muskuläre Dybalancen ausgleichen und vorbeugen (Rückenschule, Wirbelsäulengymnastik, Pilates, Yoga…)
Ernährungsberatung
- gesunde Ernährung im Schichtbetrieb (Vortrag mit konkreten Handlungsempfehlungen)
- Abnehmen leicht gemacht (8 wöchiger Kurs mit verschiedenen Handlunsgempfehlungen zur nachhaltigen Gewichtsreduktion)
- individuelle Ernährungsberatung (Analyse des individuellen Ernährungsverhaltens und Planung einer nachhaltigen Veränderung des Ernährungsverhaltens)
Stressmanagement und psychische Gesundheit:
- Resilienztraining (10 wöchiger Präventionskurs)
- Stressmanagementtraining (10 wöchiger Präventionskurs)
- Achtsamkeitstraining
- aktive Pausen (15 Minuten, 1x Woche Anleitung durch ausgebildete(n) Trainer:in, Schwerpunkt effektive Regenerationspausen im Arbeitsalltag)
- Präventionskurse (8 Wochen) zum Erlernen systematischer Entspannungsverfahren (Autiogenes Training, Progressive Muskelrelaxation, Tai Chi, Qi Gong, Yoga, Meditation)
- Schlaftraining (6 Workshops a 90min)
Prävention von Gewalt in der Pflege
- Sensibilisierungsworkshops für Pflegende
- Gewaltfreie Kommunikation (3 Workshops a 90 min)
- Deeskalationstraining (2 Tagesseminar)
- Notfallpläne
- psychosoziale Unterstützung (Supervision und Coaching)
Arbeits”platz”gestaltung
- Ergonomieberatung (Analyse körperlich belastender Arbeitstätigkeiten und Körperhaltungen, Ergonomiecoaching und Einsatz unterstützender Hilfsmittel)
- Optimierung von Raumkonzepten und Schaffung von Rückzugsmöglichkeiten (z.B. Pausenräume)
- Optimierung bei der Schutzausrüstung/Arbeitskleidung
Soziale Beziehungen
- Führungskräftetrainings (Gesunde Führung, 1-2-Tagesschulung; Resiliente Führung, 2-Tagesschulung)
- Teambindungsmaßnahmen (Resiliente Teams, 2 Tagesschulung)
- professionelles Konfliktmanagement
- Mental Health First Aider (als kollegiale Ansprechpartner und Mittler bei psychischen Problemen)
- Verbesserung der Organisationalen Resilienz (verschiedene Maßnahmen, die sich über 1-2 Jahre strecken)
- Optimierung der Beteiligungsprozesse (Vorschlagswesen, Meetingkultur, Veränderungsmanagement)
Finanzielle bzw. fachliche Unterstützung seitens der gesetzlichen Krankenkassen im Bereich BGF/BGM für Pflegeeinrichtungen
Durch die Mittel gemäß § 5 SGB XI wird die Umsetzung präventiver und gesundheitsfördernder Maßnahmen für Pflegende und Pflegekräfte unterstützt. Diese Maßnahmen ergänzen die notwendige Leistungserbringung in den Bereichen Pflege, Betreuung und hauswirtschaftliche Versorgung im Rahmen des Pflegeprozesses. Ziel ist es, dass Pflegeeinrichtungen zu gesundheitsfördernden Institutionen werden. Dazu zählen beispielsweise zusätzliche qualitätsgesicherte Angebote wie Gruppenaktivitäten im Bereich Bewegung, die sowohl zur psychosozialen Gesundheit als auch zur Förderung kognitiver Fähigkeiten der pflegebedürftigen Menschen beitragen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt für das Wohlbefinden der Pflegebedürftigen ist die Stärkung der (digitalen) Gesundheitskompetenz sowohl der Pflegenden als auch der Pflegebedürftigen. Dies erleichtert die Annahme medizinischer, therapeutischer und präventiver Maßnahmen. Denn das Gesundheitsverhalten hängt maßgeblich davon ab, wie gut eine Person gesundheitsbezogene Informationen versteht und dieses Wissen in gesundheitsrelevante Entscheidungen umsetzen kann.
Nach § 20a SGB 5 sind die gesetzlichen Kraneknakssen aufgefordert Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten, z.B. in der medizinischen und pflegerischen Versorgung zu fördern. Nach § 20b fördern Krankenkassen mit Leistungen zur Gesundheitsförderung Betriebe (betriebliche Gesundheitsförderung) insbesondere mit den Aufbau und die Stärkung gesundheitsförderlicher Strukturen. Im § 20c ist geregelt, dass Krankenkassen die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung unterstützen, auf spezifische arbeitsbedingte Gesundheitsrisiken ausgerichtete Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung umzusetzen. Die Ausgaben der Krankenkassen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dieser Vorschrift und nach den §§ 20a bis 20c sollen ab dem Jahr 2019 insgesamt für jeden ihrer Versicherten einen Betrag in Höhe von 7,52 Euro umfassen (§ 20 (6) SGB 5). Von diesem Betrag wenden die Krankenkassen für jeden ihrer Versicherten mindestens 2,15 Euro für Leistungen nach § 20a und mindestens 3,15 Euro für Leistungen nach § 20b auf.
Was bedeutet das? Die gesetzlichen Krankenkassen müssen entsprechend ihrer Anzahl an Versicherten ein Budget vorsehen, mit dem Leistungen in diesen Bereichen finanziert werden. Bei 10 Mio Versicherten ist das ein Buget von 53 Mio €/Jahr. Nun gilt es für Unternehmen der Pflegebranche entsprechend den Kriterien des Leitfaden Prävention Konzepte und Maßnahmen zu definieren und eine Krankenkasse zu finden, welche die Projektinitiativen unterstützt. Bei diesem Akt steht die AHAB-Akademie als Mittler gerne zur Verfügung!
Unterstützung durch die AHAB-Akademie
Die AHAB-Akademie steht Pflegeeinrichtungen als kompetenter Partner zur Seite. Gemeinsam mit unseren Netzwerkpartnern wie der ESUNA GmbH bieten wir spezialisierte Lösungen an, die auf die individuellen Bedürfnisse der Einrichtungen abgestimmt sind. Besonders hervorzuheben sind unsere psychischen Gefährdungsbeurteilungen, die helfen, psychische Belastungen am Arbeitsplatz frühzeitig zu erkennen und geeignete Maßnahmen zur Prävention und Intervention zu ergreifen.
Unsere Leistungen umfassen:
- Beratung und Schulung: Unterstützung bei der Planung und Umsetzung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen. Zudem bieten wir eine Vielzahl an Aus- und Fortbildungen zur Qualifizierung betrieblicher Experten im Bereich des Betrieblichen Gesundheitsmanagements an.
- Netzwerkpartnerschaften: Zusammenarbeit mit Krankenkassen (als fianzielle Unterstützer), Experten und Organisationen, um umfassende und qualitativ hochwertige Gesundheitsprogramme anzubieten.
- Evaluierung und Nachhaltigkeit: Regelmäßige Überprüfung der Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit und Nachhaltigkeit, um langfristige gesundheitliche Verbesserungen zu gewährleisten.
Mit unserem umfassenden Angebot tragen wir dazu bei, die Arbeitsbedingungen in Pflegeeinrichtungen zu verbessern und die Gesundheit der Pflegekräfte nachhaltig zu fördern. Kontaktieren Sie uns gerne für eine kostenfreie Erstberatung.
Als besonderen Hinweis verweisen wir auf die Health-Convention 2024. Das Thema der 2tägigen Veranstaltung vom 21.-22.11.2024 steht für sich: Psychische Gesundheit in der Krise! Hier versammeln wir namenhafte Expert:innen aus der Forschung sowie aus der Praxis, um über Lösungen zu sprechen und konkrete Maßnahmen vorzustellen.
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